Monate lang haben wir diskutiert und geplant, doch heute nun ist es endlich soweit.
Zunächst aber möchte ich mich auch an dieser Stelle herzlich bei meiner Frau Marion bedanken, die uns bei Ausarbeitung und Vorbereitung der Reise so hervorragend unterstützt hat.
7.5.2012
7:30 hole ich Helmut ab, um das Wohnmobil in Brambauer bei der Fa. Blitzkurier in Empfang zu nehmen. Nach einer 2-stündigen Einweisung rollen wir vom Hof in Richtung Selm. Zügig werden die Sachen eingeräumt und verstaut. Marion ist uns dabei eine große Hilfe, weil eine Frau halt weiß, was wo hingehört.
11:00 geht die Reise los. Über Haltern und die Dörfer nach Schermbeck auf die A3 Richtung Arnheim. Weiter über Utrecht und Amsterdam nach IJMUIDEN, man kann den Namen dieser holländischen Hafenstadt kaum aussprechen. Wir legen pünktlich um 17:30 ab in Richtung NewCastle. Auf dem Schiff beziehen wir unsere Kabine, machen uns dann aber sofort mit der Kamera auf den Weg zum Oberdeck, um das dortige Treiben und das Hafenmilieu einzufangen. Nach einem üppigen Buffet liegen wir gegen 11:00 im Bett und lassen uns bei sanfter Brandung in den Schlaf schaukeln.
8.5.2012
7:30 werden wir durch die Bordsprechanlage geweckt und zum Frühstück gebeten. Pünktlich um 9:00 legen wir in NEWCASTLE an. Da wir die letzten waren, die eingeschifft wurden, sind wir nun die ersten, die das Schiff verlassen dürfen. Wir sind auf englischem Boden! Also auf zu neuen Ufern und immer schön links fahren!
Der erste Kreisverkehr, der zweite Kreisverkehr, nach dem Dritten klappt es, als wenn ich noch nie rechts gefahren wäre. Wir orientieren uns Richtung Edingburgh. Helmut studiert die Karte und entdeckt immer neue Ziele. Wir überqueren die Grenze zwischen England und Schottland.
Erster Halt ist KELSO. Sir Walter Scott hat einmal gesagt, Kelso sei die schönste Stadt Schottlands. Heute kann man darüber geteilter Meinung sein, aber zumindest lädt Kelso Abbey, eine der vier großen Grenzlandabteien aus dem 12. Jahrhundert ein zu ersten Fotos, auch wenn das von Heinrich VIII niedergebrannte Kloster nur noch als Ruine in seinen Grundmauern zu besichtigen ist.
Aus Edinburgh wieder heraus zu kommen ist ein einziges Abenteuer. Keine Hinweisschilder Richtung Norden. Wir müssen zur Brücke über den Firth of Forth, ohne Wegweiser ist dies aber ein schwieriges Unterfangen. Zudem dunkelt es schon und der Linksverkehr in einer Großstadt ist doch etwas gewöhnungsbedürftig.
Letztendlich finden wir das Ausfalltor und nehmen Kurs Richtung Perth und Inverness. Es ist mittlerweile allerdings bereits 22:00, das heißt 23.00 MEZ. Wir sind totmüde. Parkplatzsuche erfolglos, also bleiben wir auf einem Parkstreifen, besser Pannenstreifen der Autobahn stehen und machen uns für die Nacht bereit. An Schlaf ist aber kaum zu denken, gefühlte 1000 LKW’s scheinen in den kommenden Stunden mitten durch unser Wohnmobil zu fahren. Diese Nacht werde ich nie vergessen.
9.5.2012
Bloß weg hier!!! Ohne Frühstück und Schlaf geht es weiter in Richtung Perth und Inverness. Unterwegs dann doch noch Morgentoilette und Breakfast an einem sprudelnden Bach in einem lauschigen Bergwald. Genau so und nicht anders haben wir uns Schottland eigentlich vorgestellt..
Das 1269 gegründete und 1869 umgebaute BLAIR CASTLE ist heute unsere erste Fotostation. Das schneeweißes Schloß befindet sich in sehr gutem Zustand und ist noch heute Sitz des Duke of Atholl. Nun werden alle Register gezogen: mit Shift, ohne Shift, von vorne, von hinten, von oben und von unten. Irgendwann reicht es. Weiter durch die „Gardens“ mit uraltem, teils 40 bis 50 Meter hohem Baumbestand. Die riesigen Redwoods und Wellingtonien hat irgend ein schottischer Vorfahre als Sämlinge aus Amerika importiert.
Weiter geht es zum benachbarten QUEENS VIEW. Ein herrlicher Aussichtspunkt über den LOCH TUMMEL, den schon Königin Viktoria gerühmt hat. Daher der Name. Wegen der umliegenden im Mai noch schneebedeckten Berge nennt man diese Region auch das „Alaska Großbritanniens“.
Nach einer zähen Fahrt durch die hier eher spannungslose Landschaft erreichen wir INVERNESS, die Hauptstadt der Highlands. Dort zunächst wieder die leidige Parkplatzsuche. So ein Wohnmobil ist da ja etwas anspruchsvoll. In einer kleinen Seitengasse sprechen wir ein Ehepaar an, das gerade sein Auto wäscht. Sie überlassen uns für 2 Stunden ihren Privatparkplatz.
Ein kurzer Fußweg und wir stehen am Caledonian Kanal, der Schottland komplett durchschneidet und hier LOCH NESS mit dem Moray Firth verbindet. Ein herrlicher Panoramablick über die Altststadt bietet sich auch vom River Ness aus. Vier Kirchen und eine schöne Fußgängerbrücke bilden reizvolle Fotomotive. Aus allen Schaufenstern grinst uns Nessie an.
On the road again, denn es dunkelt schon. In Richtung Ullapool machen wir Rast auf einem zauberhaft gelegenen Parkplatz mit eigener Toilette und eigenem Wasserfall. Endlich können wir wieder einmal ruhig und entspannt schlafen Gute Nacht.
10.5.2012
Unsere erste Tat heute: Der Wasserfall des Black River will fotografisch eingefangen werden. Es enstehen zahlreiche Übersichtsbilder und Detailstudien. Gut, dass wir so früh aufgestanden sind, denn wir haben gerade eben alle Chips belichtet, als eine vielköpfige Fotogruppe auftaucht und sich prompt ungeniert ins Bild stellt.
Anschließend füllen wir unsere Wasservorräte auf, ein riesiger Aufwand: Mittels eines kurzen, aber nicht ideal passenden Schlauchstückes praktizieren wir das edle Nass vom Waschbecken der öffentlichen Toilette in eine Gießkanne und von dort dann in den Wassertank des WoMos. Diese Übung muß natürlich etliche Male wiederholt werden, wenn wir auch weiterhin komfortabel (und warm!) duschen wollen.
Gegen 10:00 fallen wir ein in ULLAPOOL. Ein kleines, erst 1788 zur Intensivierung des Heringfanges gegründetes verträumtes Fischerdorf. Im Hafen gibt es reichlich Motive. Mittags lassen wir uns in einem Pub mit Fish & Chips verwöhnen. Fangfrischer Fisch und richtige Chips: etwas Herrliches! Und dazu noch gesponsert aus dem für solche Zwecke mitgegebenem Notgroschen von Oma Amelie Puschmann. Sie lebe hoch.
Von Ullapool kann man drei mal täglich mit der Fähre zur Äußeren Hebriden-Insel Lewis übersetzen. Vielleicht eine Idee für den nächsten Schottland-Urlaub?
Zunächst aber erst einmal an der Küste entlang nach GAIRLOCH, ein nichtssagender am Meer gelegener Flecken, zumindest bei Regen. In KINLOCHEWE am Ende des romantisch gelegenen und total einsamen Loch Maree (bekannter Ausgangspunkt von Bergwanderungen) finden wir einen ruhigen Parkplatz mit integrierter Sanitärstation für die Nacht.
11.5.2012
Heute geht es zum LOCH CARRON. Unterwegs sehen wir ein schönes Motiv: ein einsames weißes Haus auf sattgrüner Wiese vor einem großen schneebedeckten Berg. Eine großartige Landschaft, diese Highlands! Das Schloß Strome haben wir nicht gefunden. Macht nichts. Weiter geht es in Richtung Isle of Skye.
Kurz vor der Überfahrt auf die Insel machen wir noch einen Abstecher zum berühmten EILEAN DONAN CASTLE. In dessen altehrwürdigen Mauern sind schon viele historische Filme gedreht worden. Es regnet aber so stark, das sich nur Helmut aus dem Wagen traut, um ein paar Belegbilder zu schiessen. Schade, dieses Motiv hätte besseres Wetter verdient.
Dann gehts über die Brücke auf die ISLE OF SKYE, eines der Hauptziele unserer Exkursion, hatten doch zahlreiche Fotofreunde von dieser Location in höchsten Tönen geschwärmt. Unser erstes Ziel ist PORTREE, die mit 2000 Einwohnern größte Stadt der Insel. Ein malerischer, fast mediterran anmutender Hafen lädt nicht nur zum Träumen ein, sondern auch zum Fotografieren. Und zum Auffüllen des Proviantes.
Richtung Norden auf dem Weg zur Halbinsel Trotternish fahren wir vorbei am „Old Man Of Storr“ und am Klippenmassiv „Kilt Rock“. Diese Motive haben wir des besseren Lichtes wegen erst für den folgenden Morgen geplant. Um die Nordspitze herum führt der enge Weg auf die Westseite der Insel.
Auf dem Friehof von Kilmuir befindet sich das Grab von Flora MacDonald, der mit Bonnie Prince Charlie gegen die Engländer verbündeten schottischen Hochlandheldin. Dort suchen wir uns in einer Bucht einen ruhiges Schlafplatz. Aber zum Schlafen kommen wir noch gar nicht, wir erleben einen atemberaubenden Sonnenuntergang hinter einem irrwitzigen Wolkenspiel.
12.5.2012
5:30 schrillt der Wecker. Schliesslich sind wir ja im Urlaub. Zwei Highlights stehen auf dem Vormittags-Programm. Zuerst fotografieren wir im frühen Morgenlicht die wilden Klippenformation von „KILT ROCK“. Seinen Namen verdankt dieses steil ins Meer abstürzende Massiv dem tartanähnlichen Gesteinsmuster der Basaltfelsen.
Man muss sich weit über die Absperrung dicht an den gruseligen Abhang wagen, um das Motiv einzufangen. Nichts für Menschen mit Höhenangst.
Anschließend direkt zum Parkplatz unterhalb des „OLD MAN OF STORR“. Schnell die festen Wanderschuhe angezogen und schon beginnt – mit schwerem Gepäck – der gut einstündige Aufstieg zu den hoch aufragenden Basaltmonolithen. Unterwegs immer wieder die Frage aller Fragen: Wie, wann und vor allem von welchem Standpunkt aus hat der bekannte Reisefotograf Hartmut Krinitz sein berühmtes morgenrotes Bild dieser Felsenformation aufgenommen? Wie die Gemsen wechselten wir die Standorte. Doch den „richtigen“ Punkt haben wir nicht gefunden. Also jedenfalls nicht den „Krinitz-Punkt“. Und rot wurde der alte Mann an diesem Morgen auch nicht. Trotzdem glaube ich, dass mir sehr gute, aber eben „andere“ Aufnahmen gelungen sind. Doch schließlich wollen wir ja nicht einfach kopieren, sondern selbst gestalten.
Danach ist erst einmal ein ausgiebiges, weil verspätetes Frühstück angesagt. Gestärkt fahren wir nach DUNVEGAN. Das gleichnamige Castle bietet spektakuläre Fotoansichten von allen Seiten.
Wir lernen ein schottisches Ehepaar kennen, das in voller keltischer Tracht zu Portraits einlädt. Die Beiden geben den Fotos mit Tartan, Plaid und Kilt sowie voller „Bewaffnung“ erst die richtige mittelalterliche Note. Das Schloß ist übrigens immer noch im Besitz des MacLeods-Clans, der über viele Jahrhunderte lang die Insel Skye beherrscht hat.
Als finalen Stop an diesem Tag haben wir NEIST POINT auf der Halbinsel Duinnish gewählt. Dort ist die Welt wirklich zu Ende. Eine letzten Klippe mit Leuchtturm und altem Leuchtturmwärterhaus, das man anmieten könnte. Aber wir haben ja unser eigenes Domizil dabei und finden einen Platz hoch über dem Meer. Doch an Schlaf ist nicht zu denken, es kommt ein schwerer Sturm auf. Unser Wohnmobil wird dermaßen durcheinander geschaukelt, dass wir es mit der Angst zu tun bekommen.
13.5.2012
Regen, Sturm, Regen, Sturm, so ging es die ganze Nacht. Wir konnten kaum ein Auge zumachen, es war beängstigend. Man mußte befürchten, dass der Sturm unser Wohnmobil umkippen würde. Wir versuchen deshalb, bei Tagesanbruch zwischen zwei Böen den ausgesetzten Platz unseres Nachtlagers zu verlassen und in eine geschützte tiefer gelegene Region zu fahren, wo der Sturm nicht so zupacken konnte. Dabei haben wir in lauter Panik vergessen, die elektrisch betriebene Außentreppe einzufahren. In einem Schlagloch war es dann um das gute Stück geschehen. Das Teil war total verbogen und ließ sich nicht mehr einfahren.
Nun kam ein neues Problem auf uns zu. Mit ausgeklappter, rechts aus dem WoMo weit in den Gegenverkehr hineinragender Treppe konnten wir nicht einfach weiterfahren. Depression, Regen, Sturm, Depression, Regen, Sturm. Wenn wir doch einmal wagemutig kurz vor das WoMo treten, haben wir das Gefühl, vom Sturm in die Luft gewirbelt zu werden. So etwas war uns bisher im ganzen Leben noch nicht widerfahren.
14.5.2012
Wir schleichen im Morgengrauen mit ausgeklappter Treppe und glücklicherweise noch ganz ohne Gegenverkehr zurück in Richtung DUNVEGAN. Dort finden wir wie durch ein Wunder gleich am Ortseingang eine vertrauenswürdige Autowerkstatt namens Kenny’s Garage.
Der Boss ist schon wach und überzeugt sich zunächst einmal davon, dass die Treppe auch den Argumenten eines schweren Vorschlaghammers nicht folgen will. Darauf greift er zum letzten Mittel und schraubt das ganze Gedöns einfach ab. Wir verpacken den Schrott in den Staufächern. Gut, diese Sorge sind wir nun los. Doch die ganze Gemengelage mit Sturm, Regen und defekter Treppe hatte uns schon arg belastet. Es dauert einige Zeit, bis wir uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren können.
Von DUNVEGAN Richtung Norden, ein Stück an der Küste entlang und dann eine Tangente quer durchs Land nehmend fahren wir direkt zu den QUIRAING NEEDLES, einem aus den Highlands herausragenden nadel- und zinnenbewehrten Felsmassiv. Auch dieses Motiv erweist sich als Herausforderung für den Hobbyfotografen. Es ist wieder einmal nicht einfach, den richtigen Standort zu finden. Nach gut einer Stunde glauben wir aber, das Bild im Kasten zu haben.
Zurück in PORTREE füllen wir als erstes Proviant, Benzin, Brauchwasser, Trinkwasser und den Scotch-Vorrat auf, denn jetzt soll es auf die verlassene Halbinsel Sleat im einsamen Süden von Skye gehen.
Auf der Karte sind drei Castles eingezeichnet: Knock Castle, Armadale Castle und Dungalih Castle. Knock Castle besteht nur noch aus Fragmenten, zudem ist der Zugang verboten. Armadale Castle ist etwas besser erhalten, aber das horrende Eintrittsgeld scheint den Besuch nicht wirklich wert zu sein, es sei denn, man hätte es auf die „Gardens“ abgesehen. Dungaith Castle liegt auf der anderen Seite der Halbinsel und ist erst für den Folgetag geplant.
Also fahren wir zunächst einmal ziellos weiter und lassen uns treiben. In einem kleinen Fischerei-Hafen liegen halbverrottete Kähne und Ruderboote auf dem Trockenen und bilden reizvolle Motive.
Die Straße wird immer gruseliger. Sie ist nun einspurig und weist bis zu 20%ige Steigungen und Gefällstrecken auf. Wir fahren zur Spitze der Halbinsel, bis es wirklich nicht mehr weitergeht und finden glücklicherweise genau dort eine kleine Lichtung im Unterholz. Ein querender Wildbach sichert die Wasserversorgung. In totaler Einsamkeit schlagen wir unser Nachtlager auf.
15.5.2012
Ferien? Von wegen! Wieder einmal ist – dem guten Morgenlicht geschuldet – ein frühes Aufstehen angesagt. Wir wollen zu Fuß zur Küste hinunter. Dazu müssen wir aber erst einmal eine halbe Stunde durch wegloses Gelände und dann auf dem Hosenboden die Klippen herab. Wir kassieren erstaunte Blicke der Highland-Rinder, Ziegen und Schafe.
Was sich allerdings dann bei wunderbarem Licht dem fotografischen Blick bietet, sprengt alle Vorstellungskraft: Riesige Fels-Obelisken, Steine in allen Farben von ganz schwarz bis beige, sandige Buchten und wilde Klippenformationen. Der grün-blaue Atlantik glitzert, brandet und spritzt weiße Gischt auf das Ufer. Wir können uns nur schwer lösen.
Mittags zurück, ein Häppchen gegessen, das WoMo geputzt, eine halbe Stunde ausgeruht und schon geht es weiter zur nächsten Location. DUNGAITH CSATLE, eine auf einer Anhöhe in einer reizenden Bucht gelegene Burg ist nur noch eine Ruine, bewahrt aber selbst als solche noch ihren stolzen Charme. Fotografisch gesehen unbedingt empfehlenswert! Zumal man ganz ungestört von allen Seiten herankommt. Heute spielt auch das Wetter mit, das alte Gemäuer schimmert plastisch im Abendlicht. Wundervoll der Blick durch die erhaltenen Torbögen auf die gegenüber liegenden Inseln.
Und dann gibt es auch noch eine Zugabe: Auf der Weide vor dem Castle grast eine Herde Highland-Rinder. Schwarze und Braune. Zuerst kommen die schwarzen Kameraden auf uns zu und lassen sich widerstandslos ablichten. Später gibt sich auch der braunrote Leitbulle die Ehre, Modell zu stehen. Ein Exemplar wie aus dem Bilderbuch. So wild, wie er auch dreinblickt, so ruhig und gelassen nimmt er unser Fotogewitter hin und schreckt selbst vor dem Aufhellblitz nicht zurück.
Gegen 18.30 kommen wir in den Ort „ORD“. In der Hoffnung, dort einen Pub oder einen Einkaufsladen zu finden, steigen wir aus und marschierten los. Bald stellt sich aber heraus, „Ord“ ist gar kein richtiger Ort, sondern nur eine Ansammlung weniger Häuser. Auf die Frage nach einem Pub kriegt sich ein Einheimischer vor lauter Lachen gar nicht mehr ein..
Macht nichts, ist doch unsere eigene Notfallapotheke noch gut bestückt. Wir suchen uns ein ruhiges Nachtlager mit Meeresblick und lassen den Tag an Hand der Fotos auf dem Laptop Revue passieren. Kurz vor Mitternacht werden wir dann noch überraschend verwöhnt mit einer herrlich tintenblauen Wolkenstimmung über der silbernen See. Also ran an die Stative!
16.5.2012
Sonnenstrahlen wecken uns. Die morgentlichen Geschäfte können wir heute in Ruhe abwickeln, ein ausgiebiges Frühstück motivierte uns für den Tag. Um den langen Umweg über die Skye-Brücke zu vermeiden, wollten wir mit der Fähre direkt von Ardvasar nach Mallaig aufs schottische Festland übersetzen. Wir hatten in Erfahrung gebracht, dass Punkt 9:00 die erste Überfahrt starten sollte. Bei unserer Ankunft 8 Minuten vor neun sehen wir die Fähre gerade ablegen und haben nun unverhofft Zeit für ein ausgiebiges zweites Frühstück. Fazit: Die Deutschen sind pünktlich, die Schotten überpünktlich.
Die Karten kosten 42 Pfund pro Person und halbes WoMo, ganz schön happig! Die Überfahrt dauert etwa 30 Minuten. MALLAIG ist ein Hafenstädtchen mit regelmäßigem Fähverkehr zu mehreren Inseln der Äußeren Hebriden.
Von Mallaig aus halten wir uns Richtung FORT WILLIAM, einer kleine Bergsteiger-Stadt am Fuße des Ben Nevis, dem mit 1.380 m höchsten Berg Schottlands. Gelegenheit zum Stadtbummel im Regen, zum Umtausch einiger Euros in Schottische (!) Pfund und zum ausgiebigen Einkauf im Konsum.
Anschließend fotografieren wir das IVERLOCHY CASTLE. Dort hielt 1873 schon Königin Victoria Hof – und jetzt sind wir hier. Wir können nur hoffen, dass das Castle zur Zeit der großen Regentin in besserem Zusatnd war als heute …
Bei APPIN verlassen wir die Hauptstraße, um uns auf einer kleinen Halbinsel bei North Shian ein Nachtquartier zu suchen. Gar nicht so einfach. Alles abgesperrt, alles privat. Die Schotten geizen hier mit Parkplätzen.
Fündig werden wir in einer gottverlassenen Hügellandschaft. Dort schauen uns nur noch die Highlander beim Abendbrot zu. Und wir haben auch wieder einen eigenen Bachlauf vor der Tür mit exquisitem Bergwasser. Sie wissen ja, unverzichtbare Voraussetzung für das Giesskannenspiel!
17.5.2012
Wir haben gerade das bischen Haushalt erledigt und sind nach „ham and eggs“ zur Abfahrt bereit, da klopft es an der Tür und ein Herr erklärt uns freundlich, aber bestimmt, dass wir doch bitte diesen Platz verlassen mögen, es handele sich um ein Privatgrundstück. Das war übrigens das einzige mal, dass jemand etwas gegen die Wahl unseres Nachtquartiers hatte. In diesem Fall zudem glücklicherweise erst nachträglich. Wir bedauern betont höflich.
Weiter geht unsere Schlösser- und Burgen-Tour. Wir erreichen das 1540 erbaute CASTLE STALKER, eine Burgruine auf einer winzigen wasserumspülten Insel des Loch Linnhe. Trotz Nieselregens ist es hell. Eigentlich erscheint die Lichtstimmung für dieses Motiv sogar wie geschaffen. Wir fotografieren das alte Gemäuer entzückt von allen Seiten und entdecken dabei auch dessen „Zuckerseite“. Vielleicht eines der schönsten von uns eingefangenen Schottland-Bilder überhaupt.
Das CASTLE BARCALDINE kann man für Festivitäten mieten. Ein sehr reizvoll gelegenes, offenkundig liebevoll renoviertes weißes Schloss. Man kommt von allen Seiten heran und findet so schnell die beste Einstellung.
Kurz vor Oban besuchen wir noch die Burg DUNASTAFFNAGE. Eine Felsenfestung aus dem 15. Jh. Leider zum Teil eingerüstet und somit nicht einfach zu fotografieren. Aber wir hießen nicht Puschmann oder Bürger, wenn wir nicht letztlich doch noch ein gutes Bild zu Stande gebracht hätten.
Dann erreichen wir OBAN, eine größere Stadt mit viel Charme und einem herrlichen Hafenpanorama. Über allem thront das den Römern abgeschaute „Collosseum“. Was speist man in einer schottischen Hafenstadt? Natürlich Fish and Chips. Lecker!
Nach einem Verdauungsspaziergang fahren wir weiter in Richtung INVERARAY. Ein schönes, kleines und verträumtes Nest am Loch Fyne. An der Tankstelle kaufen wir Proviant für die nächsten Tage. Wir fragen den Chef des Hauses, ob wir auf dem gegenüberliegenden Parkplatz, der eigentlich nur für Busse und LKW’s gedacht ist, übernachten können. Er bejaht das und somit haben wir eine quasi offizielle Genehmigung. Wir stehen zwischen Trucks, deren Fahrer – wie wir – auf den nächsten Morgen warten und zelebrieren das Abendbrot.
Der anschließende Besuch im überfüllten Pub wird von dunklem schottischen Bier und Live Musik begleitet. Viel Spontanität! Ein sehr schöner Abend.
18.5.2012
Wir wachen auf, als sich die ersten Trucks in Bewegung setzen Es regnet in Strömen. Will das denn nie aufhören! Die Stimmung ist ganz leicht gereizt und wird erst nach einem Frühstück mit Eiern auf Speck und extra starkem Kaffe besser.
Wir fahren um die Ecke herum zum INVERARAY CASTLE, einem im klassizistischen Stil erbauten Märchenschloss aus dem 18. Jahrhundert. Zugang allerdings leider erst ab 9:30. Ein Foto des grün schimmernden gut erhaltenen Bauwerks durch den Zaun und schon gehts weiter zur bereits am Vorabend ausgeguckten nächsten Location.
Das um 1440 erbaute KILCHUM CASTLE, heute eine verlassene Ruine, stellt sich als eine wirklich große fotografische Herausforderung dar. Kennen wir doch viele romantische Fotos dieses alten Schlosses am Loch Awe. Wir nähern uns – bewaffnet mit allem was wir haben – und bauen unsere Stative im Regen auf. Erst ein bisschen nach rechts, dann doch mehr nach links. Jetzt stimmt aber die Beleuchtung nicht mehr. Dann wieder macht sich ein Angler mit Motorboot und gelber Neonjacke einen Spaß daraus, sich mitten im See vor dem Schloß aufzubauen. Doch was haben wir als Fotografen gelernt? Na klar, Geduld! Wir sitzen das alles aus und warten, bis der Angler verschwindet und ein kleiner, zarter Sonnenstrahl die ganze Situation rettet. Im angrenzenden Wäldchen stehen anschließend noch einige verwunschene moos- und flechtenbedeckte Bäume Modell.
Dies sind dann aber auch die letzten Bilder aus Schottland! Jetzt geht es geradewegs nach GLASGOW, dann weiter nach CARLISTLE. Schon sind wir wieder in Old England auf dem Weg zu unserem Fährhafen NEWCASTLE. In HALTWISTLE biegen wir von der Hauptstraße ab und fahren auf den Spuren der alten Römer entlang dem HADRIAN`S WALL. Dieser Schutzwall zieht sich von Carlistle bis Newcastle und sollte die römischen Besatzer vor den Angriffen der Schotten schützen. Einige Teile sind noch gut erhalten. Oder wurden sie extra für uns renoviert? So ganz sicher können wir das nicht auseinanderhalten.
Hier übernachten wir nun auf einem luxuriösen öffentlichen Parkplatz mit Toilette und Waschgelegenheit und träumen von Römern, Schotten, Engländern und Deutschen.
19.5.2012
Man glaubt es kaum: die Sonne scheint. Da wir ja heute keine Eile haben, lassen wir es langsam angehen. Im Gegensatz zu uns sind Heerscharen von Wanderern bereits aktiv.
In England scheint die Wanderslust ausgebrochen zu sein. Zudem sind die unser Nachtlager passierenden Horden ganz offenkundig ansteckend. Auch wir gehen noch ein Stück den Wall entlang und haben von einer Anhöhe aus einen schönen Ausblick. Hier scheint heute – anders als 2000 Jahre zuvor – der Friede geblasen.
Weiter geht es auf der grün markierten Route unserer Detailkarte Richtung NewCastle. Wir haben reichlich Zeit, also machten wir noch einen Abstecher nach PONTELAND. Ein kleines Städtchen mit wenig Charme. Wir erkunden deshalb etwas verzeifelt Friedhof und Kirche, beide aber geben ebenfalls keine sonderlich guten Motive frei.
Also fällt die Entscheidung zu Gunsten eines späten Lunches. Helmut bereitete mal wieder einen vorzüglichen frischen Blattsalat mit Peperoni, Schafskäse, Mais und roten Bohnen.
Danach geht`s unverzüglich geradewegs aufs Schiff. Wir erfahren weder bei der Grenzpolizei, noch beim Zoll und auch nicht bei der Abfertigung irgendwelche Wartezeiten, werden überall durchgewinkt und sofort verladen. Deck 5, Kabine 517.
Das schlimmste an diesem Abend: Das Fußballspiel des Jahres, das Championsleague-Finale Bayern München – Chelsea wird nicht übertragen! Angeblich kein Empfang auf der offenen See. Und das im Zeitalter des Satelitenfernsehens! Aber vielleicht war das ganz gut so, hat Bayern doch unglücklich im Elfmeterschiessen verloren.
Zu 18:30 hatten wir das Abendessen gebucht. Was wir aber nicht wußten: auf dem Schiff waren die Uhren bereits von der Greenwich-Zeit auf MEZ umgestellt worden, also kamen wir 1 Stunde zu spät. Unser reservierter Tisch war schon von der nächsten Schicht belegt. Eine nette Regieanweiserin hat uns dann aber unseren Hunger angesehen und schließlich einen neuen Tisch für 21:00 reserviert. Quasi unsere britannisch-schottische Henkersmahlzeit.
20.5.2012
Das kennen wir schon: Freundliche Einladung zum Frühstücksbuffet über den Bordlautsprecher. Wir nehmen die Offerte gerne an. Sie ahnen es sicher bereits: Speck, Eier, fette Würste, gebratene Pilze, gedünstete Tomaten und was ein Britanne sonst noch so alles morgens in sich hineinschaufelt.
Beim Ausschiffen müssen wir warten, da unser Mobil heute weniger mobil ist und nicht unter der herabgelassenen Traverse des Oberdecks hindurch passt. Als letzte verlassen wir das Schiff. Jetzt heißt es, wieder rechts zu fahren. Wir durchqueren Holland und kommen gegen 13:00 in Selm an. Schnell auspacken und dann erzählen, erzählen, erzählen …
Fazit: Eine nachhaltig schöne Tour. Zusätzlich zur Schiffspassage sind wir noch weitere 2.500 KM gefahren. Das Wetter hätte besser und vor allen Dingen wärmer sein können. Und wir wissen jetzt, dass atlantische Stürme Wohnmobile (fast) umstürzen und Personen (fast) in die Luft wirbeln können. Und dass man die Außentreppe eines WoMos einfährt, bevor man startet.
Wir sind uns einig: Schottland ist auf jeden Fall eine weitere Reise Wert. Vielleicht zum Beispiel die Ostküste hinauf, dann die Nordspitze umrundend und auf die Orkneys oder die große Hebriden-Insel Lewis übersetzend?
Nicht zuletzt Träume halten uns am Leben.